Kunstwerk des Monats

Klotzen statt kleckern! Die Reihe Kunstwerk des Monats beginnt auch im Jahr 2019 mit einer Hommage an einen verstorbenen Künstler. Im Januar wird mit freundlicher Unterstützung des Fritz-Winter-Ateliers in Dießen ein Gemälde von Fritz Winter aus dem Jahr 1949 im Katharina-von-Bora-Haus in Berg zu sehen sein. Die Präsentation findet am Mittwoch, 9. Januar 2019, um 19.30 Uhr statt.

Wie jedes Jahr gilt: Die evangelische Kirchengemeinde Berg stellt in Kooperation mit dem Kulturverein Berg jeden Monat eine Künstlerin oder einen Künstler mit einem ausgewählten Werk vor.

Und in diesem Jahr gilt: „Kunst wird erst dann interessant, wenn wir vor irgendetwas stehen, das wir nicht gleich restlos erklären können.“ Christoph Schlingensief lieferte das diesjährige Motto der Veranstaltungsreihe. An der Schnittstelle zwischen Kunst und Religion will das „Kunstwerk des Monats“ einen Raum der Begegnung schaffen. Brot, Wein und ein Text begleiten das Kunstwerk des Monats am Abend der Präsentation.

Das Projekt wird von Katja Sebald kuratiert und von der Gemeinde Berg gefördert. Gastgeber ist Pfarrer Johannes Habdank.

Das Kunstwerk des Monats wird immer am zweiten Mittwoch eines Monats um 19.30 Uhr im Rahmen eines kleinen Empfangs im Katharina-von-Bora-Haus am Fischackerweg 10 in Berg präsentiert.

Die weiteren Termine im ersten Halbjahr 2019 sind am 13. Februar mit Anna Eibl-Eibesfeldt aus Ascha bei Straubing, am 13. März mit Harry Sternberg aus Utting, am 10. April 2019 mit Walter Tafelmaier aus München, am 8. Mai mit Agnese Martori aus Dießen und am 12. Juni mit Benedikt Zint aus Dietershofen.

Baumwesen mit Haarmähnen

Altstadtsaal

Landsberger Tagblatt, Mittwoch, 21.11.2018 von Birgit Kremer

Baumwesen und Haarmähnen

Fotografien von Harry Sternberg. Ein Naturerlebnis

Gibt es Baumwesen? Die Frage lässt sich eindeutig bejahen, man muss lediglich genau hinsehen, und schon entdeckt man den schiefen Kopf eines seltsamen Käuzchens, die gewaltigen Krallen eines riesigen, noch unbekannten Raubvogels oder die unter eigenwillig anmutenden, schirmartigen Haarmähnen verborgenen Gestalten, die sich stillschweigend zu einer Art Waldschratversammlung zusammengefunden zu haben scheinen. Sie alle leben als Mimikry in der schartigen, aufgebrochenen Rinde von Baumstämmen und geben sich nur demjenigen zu erkennen, der sich von ihrer vordergründigen Tarnung nicht in die Irre führen lässt.

Der Fotograf Harry Sternberg sieht genau hin und entdeckte auf diese Weise die in seiner aktuellen Ausstellung „Natura“ präsentierten Naturmotive. Es ist die ebenso unmittelbarewie völlig selbstverständliche Ästhetik dieser Aufnahmen, die einem schier den Atem raubt. Und dies gilt ausnahmslos sowohl für die Farbfotografien als auch für die Naturbilder in Schwarz-Weiß, obwohl beide ihren jeweiligen Reiz unterschiedlichen Techniken verdanken. Gerade die Farbaufnahmen besitzen eine ungeheure Tiefe, die der Künstler durch Fotodruck auf gebürstete Alu-Dibondplatten erreicht.Das Trägermaterial nimmt die Farbschattierungen in unterschiedlichen Abstufungen auf, je heller die Farbe, desto geringer ist der Farbauftrag und desto mehr scheint die silbrig reflektierende Oberfläche des Aluminiums durch. Der so entstehende metallische Schimmer verleiht den Bildern ein intensives Glühen und öffnet den Bildraum nahezu unendlich weit,sodass der Betrachter selbst Teil des abgebildeten Landschaftsmotivs zu werden scheint. Gerade für die Wiedergabe von verschiedenartigen, dicht beieinanderstehenden Baumstämmen wie in „Tann“ oder herabgefallenem Laub wie in „Blattwerk“ eignet sich diese Technik hervorragend, spiegelt sie doch sämtliche Schattierungen der Realität subtil wider und bricht sie gleichzeitig in das Surreale. Ganz anders dagegen die Detail-aufnahmen einzelner Baumstammabschnitte, die in Schwarz-Weiß auf Bütten gezogen sind und mit ihren reduzierten, dadurch teils umso stärkeren Kontrasten von den Anstrengungen und Zufälligkeiten natürlichen Wachstums erzählen. Trotz allem lassen sich Strukturen und Muster erkennen, die sich unendlich ausdehnen und in denen man sich letztendlich verlieren kann. Halt geben die der Serie ihren Titel verleihenden „Baumwesen“, die das fantasiegeübte Auge entdecken, jedoch nicht zwangsläufig enträtseln kann. Das ist jedoch gar nicht nötig, denn diese skurrilen Gestalten führen ein Leben jenseits aller Ratio.Seine beeindruckenden Motive findet der Fotograf in der Umgebung von Utting, vielfach im sogenannten Seeholz, bei aufmerksamen Gängen durch die Natur. Die Baumwesen und Naturansichten sind bis einschließlich 10. Dezember im Altstadtsaal der VR-Bank zu sehen, geöffnet ist Dienstag bis Sonntag, jeweils von 9 bis 18 Uhr. Harry Sternberg ist am Sonntag, 25. November, von 13 bis 17 Uhr selbst anwesend und wird für Gespräche zur Verfügung stehen. (krem)

„Baumwesen mit Haarmähnen“ weiterlesen

Der Schatz im Ammersee

Süddeutsche Zeitung, Starnberg – Kultur, 5. November 2018, 22:13 Uhr

Ausstellung

Zur Biennale zeigen 41 Künstler in Dießen nicht nur große Formate und eindrucksvolle Motive, sondern auch Pretiosen, die das Leben am Ufer humorvoll oder kurios illustrieren. Die gelungene Ausstellung ist noch bis 17. November im Blauen Haus zu sehen

Von Katja Sebald , Dießen

Die Macher der aktuellen Ausstellung im “Blauen Haus” in Dießen haben, wenn alles gut geht, mit der “Biennale Blau” eine schöne neue Tradition begründet: Die von Christiane Graf, Elke Jordan und Gregor Netzer organisierte Bilderschau zum Thema “Blau” soll künftig im Zweijahresturnus am selben Ort stattfinden. Und die drei haben auch sonst alles richtig gemacht: Sie tragen mit der überregionalen Ausschreibung zur Belebung der lokalen Kunstszene bei und stellen gleichzeitig mit dem Motto “Der See und wir” einen Ortsbezug her. Sie haben mit der Münchner Kunsthistorikerin Karin Sagner eine unabhängige Kuratorin verpflichtet und selbst keine eigenen Arbeiten eingereicht, obwohl alle drei künstlerisch tätig sind.

Zum Thema “Der See und wir” hat Grazyna Guerrero ihre ganz eigene Version der “Geburt der Venus” beigesteuert.  (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Am Ende aber setzten sie ihren künstlerischen Blick ein, um aus 73 höchst unterschiedlichen Arbeiten von 41 Künstlern eine harmonische und trotzdem abwechslungsreiche Ausstellung zu arrangieren. Das ist umso beachtlicher, als bei Weitem nicht alles als große Kunst gelten kann, was nun in den beiden Räumen versammelt ist. Vor allem im Bereich Skulptur und Installation hätte man sich aussagekräftigere Exponate gewünscht.

Qualitätvolles ist allerdings aus den Bereichen Malerei und Fotografie zu sehen. So sind etwa die großzügig impressionistischen Bilder von Angelika Böhm-Silberhorn schöne Beispiele der Plein-Air-Malerei im wahrsten Sinne des Wortes: Im Ausstellungskatalog berichtet die Malerin, dass sie für das erste ihrer großformatigen Gemälde von ins Wasser springenden Kindern mitsamt ihrer Staffelei auf die oberste Plattform des Uttinger Sprungturms geklettert ist. Für das zweite saß sie zwar weiter unten, wurde dann aber beim Malen hin und wieder von hochspritzendem Wasser erfrischt. Malerische Qualität haben aber auch die figürlichen Darstellungen von Gudrun Daum und das abstrakte Diptychon “Im Seedschungel” von Lisa Rodrian.

Unter vielem Anderen ist ein Objekt von Thorsten Fuhrmann ausgestellt.(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Bandbreite der fotografischen Arbeiten reicht von den stark abstrahierten und farblich reduzierten “Zeichen im Wasser” bei Svea Graf über die stimmungsvollen Spiegelungen von Frank Fischer bis hin zu einer extrem stark bearbeiteten und farblich völlig überdrehten Aufnahme von Joachim Skambraks. Zurückhaltend und still sind die herbstlichen Momentaufnahmen am Ammerseeufer von Matthias Seitz; höchst ästhetisch die Bilder von Seeoberflächen, zu denen sich Kai Roman Schaufler am Chiemsee inspirieren ließ. Einen “Wintersturm” am Ammersee zeigt der Uttinger Fotograf Harry Sternberg: Die durch den Direktdruck auf gebürsteten Alu-Dibond erzielte Oberflächenstruktur ergänzt das eigentliche Bild auf spannende Weise.

Das Bild “Blue Sail”der Dießener Künstlerin Gabriele Rothweiler ist in der Kunstausstellung im Blauen Haus ausgestellt. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Es sind jedoch nicht nur die großen Formate und die eindrucksvollen Motive, die den Reiz dieser Ausstellung ausmachen. Unter den Exponaten finden sich auch einige kleine Preziosen, die das Leben am und im See auf humorvolle oder vielleicht auch nur einfach kuriose Weise abbilden. So hat etwa Trine Pesch irgendwo am Seeufer drei “Luftiküsse” gefunden: Das sind bezaubernde, merkwürdige Objekte aus Filz und Samenkapseln. Gislinde Schröter warnt mit einer filigranen Objektcollage aus Angelschnüren mitsamt Haken vor der “zarten Gefahr” unter Wasser und Michelle Schratz hat in Windach ein kleines Papierfischlein gefangen.

Sylvia Leutelt hält auf Bierdeckeln mit spitzer Feder ihre Eindrücke von Stammtischen in Seenähe fest und Sybille Engels zeichnet gleich im Strandbad. Unverwechselbar und immer wieder schön anzuschauen sind die lebendigen Szenen, die Martin Burger in Utting am See findet und sowohl mit Kreide wie auch Acrylfarbe auf Zeitungspapier bannt.

Die Ausstellung “Der See und wir” ist noch bis zum 17. November 2018 täglich von 13 bis 18 Uhr sowie donnerstags und freitags bis 20 Uhr im “Blauen Haus” in der Prinz-Ludwig-Straße 23 in Dießen zu sehen

Biennale Blau Diessen – Der See und wir

41 KünstlerInnen zu einem Thema

vom 4. bis zum 17 November im Blauen Haus, Prinz-Ludwig-Str. 23 und VR-Bank, Herrenstraße 5, Diessen am Ammersee
Die Vernissage findet am Sonntag, den 4. November um 15:00 Uhr im Blauen Haus in Diessen statt.

„Die Landschaft prägt den Menschen, der in ihr lebt. Sie ist bedrohlich, erzeugt Einsamkeit, ist lieblich und auch Zuhause. Hat man den Ammersee vor der Haustür, ist die Beschäftigung mit ihm unausweichlich, besonders für Künstler. Seit mehr als 150 Jahren ist der See und die Region für viele bedeutende Künstler Ort der Inspiration und künstlerische Heimat. Was diese Auseinandersetzung heute bewirkt, kann in der Ausstellung ‚Der See und wir‘ vom 4. bis zum 17. November im Blauen Haus in Diessen am Ammersee bestaunt werden.“

Kunst von Natalia Alf, Kurt Bergmaier, Angelika Böhm-Silberhorn, Martin Burger, Gudrun Daum, Sybille Engels, Monica Fessl, Dieter Finzel, Frank Fischer, Walter Friesenegger, Thorsten Fuhrmann, Monica Gayer, Martin Gensbaur, Reinhard Giebelhausen, Svea Graf, Silvia Großkopf, Grazyna Guerrero, Christine Herr-Tropp, Verena Kloos, Heide Karin Konwalinka, Zdenek Kotala, Carmen Kubitz, Katharina Lehmann, Sylvia Leutelt, Silvia Mühleisen, Burkhard Niesel, Trine Pesch, Tanja Popp, Lisa Rodrian, Ramona Romanu, Gabriele Rothweiler, Kai Schaufler, Leonhard Schlögel, Michelle Schratz, Ulrike Schroeter, Gislinde Schröter, Matthias Seitz, Joachim Skambraks, Harry Sternberg, Axel Wagner, Klaus Wingefeld

DATEN
‚Der See und wir‘ vom 4. Nov bis zum 17. Nov 2018 im Blauen Haus, Prinz-Ludwig-Str. 23, 86911 Diessen.

Vernissage: Sonntag, 4. November, 15 Uhr im Blauen Haus, Dießen.

Finissage: Samstag, 17. November, 19:30 Uhr im Blauen Haus, Dießen.

Öffnungszeiten:
Mo, Di, Mi 13 bis 18 Uhr;
Do, Fr 13 bis 20 Uhr;
Sa, So 13 bis 18 Uhr
und VR-Bank, Herrenstraße 5, 86911 Diessen (geöffnet zu den Geschäftszeiten)

Mein Beitrag zur Ausstellung

SONY DSC

Raum für Kunst und Kultur – Neueröffnung Raum B1 in Utting, Bahnhofplatz 1

Freiheit – Wagnis – Staunen

Mit der Ausstellung „Freiheit – Wagnis – Staunen, Claus Bastian, Kindheitserinnerungen an Utting“ startet Harry Sternberg sein Kunst- und Kulturprogramm im Raum B1 am Bahnhofplatz 1 in Utting (www.raumb1.de), dem ehemaligen Fremdenverkehrsbüro.

In der Ausstellung werden Erinnerungen aus der Kindheit des Lebenskünstlers Klaus Bastian in Utting vor hundert Jahren gezeigt. Quelle sind Texte und Fotografien aus den Büchern von Anna Andlauer „ Du ich bin … der Häftling mit der Nummer 1“ und von Werner Weidacher „Utting am Ammersee. Das Dorf und seine Menschen in alten Aufnahmen“. Claus Bastians Sohn Stephan bereichert die Ausstellung mit Fotografien und Bilder. Er wird bei der Eröffnung anwesend sein.

Claus Bastian war Vieles in seinem Leben. Nach dem Abbruch der Realschule in Landsberg arbeitet er zunächst als Bauer, Schmied und Schäfer ehe er an die Realschule Weilheim zurückkehrt. Er besucht die Luitpold-Oberrealschule München und studiert anschließend Rechtswissenschaften in München mit einem einjährigen Gaststudium an der Pariser Sarbonne. Dort verkehrt er in Künstlerkreisen um Dufy, Miro, Picasso und verdient sein Zubrot als Stepptänzer im „Folies Bergère“.

In München zurück führt er ein mondänes Leben als Dandy, im Kopf mit einem Gemisch aus kommunistischen und kosmopolitischen Gedanken. Claus Bastian gründet den „Marxistischen Studentenclub“. Im Jahr 1933 schließt er sein juristisches Examen ab.

Im gleichen Jahr wird er in seiner Schwabinger Studentenbude als Staatsfeind verhaftet und kommt schließlich auf Umwegen als Häftling mit der Registriernummer 1 ins neu gegründete KZ Dachau. Nach 6 Monaten kommt er durch glückliche Umstände wieder frei. Während des 2. Weltkrieges will er dem Kriegsdienst entkommen, was ihm nur teilweise gelang.

Nach dem Krieg wird er unter der amerikanischen Besatzungsmacht als Rechtsanwalt zugelassen. Er führt mehr als 2000 Wiedergutmachungsverfahren für Israelis und wird er u. a. Anwalt von Albert Schweitzer. In den fünfziger Jahren beginnt Claus Bastian sich aufgrund der früheren künstlerischen Eindrücke in Paris mit der Malerei und Bildhauerei zu beschäftigen. Er gestaltet vier Kreuzwege u. a. den Kreuzweg in der Kirche „Zur Göttlichen Vorsehung“ in Königsbrunn und mehrere Brunnen. In den späten sechziger Jahren gründet er mit Gunter Sachs und Konstantin von Bayern das „Modern Art Museum Munich“ in der Villa Stuck. Er arbeitet immer wieder als Anwalt. Im Alter von 86 Jahren stirbt Claus Bastian 1995 in München-Schwabing.

Claus Bastians Lebensgefühl und -motto „Freiheit – Wagnis – Staunen“ stammt aus der Zeit in Utting wo er als Kind das Hochradfahren in der Bahnhofstraße gelernt hat: “ Meine erste Fahrt auf dem Hochrad ist für mich ein ganz wesentliches Kindheitserlebnis. Da hab‘ ich mich haltlos ins Wagnis gestürzt, und auf einmal konnt‘ ich nur staunen, was mir möglich war. Auf dem Sattel über dem großen Vorderrad sitzen und die zwei Treter kräftig treten. Genau da bring‘ ich mich in die Situation nicht stehen zu bleiben. Ich kann die Welt von oben betrachten. Aus neuer Perspektive gewinne ich größeren Überblick. Da oben gibt es keine Feinde. Und  jetzt nach vorne schauen und nicht zurück. Das Rückwärtsschauen ist nicht immer angebracht, wenn du die Balance halten willst.“

Die Ausstellung im Raum B1, Bahnhofplatz 1 in Utting wird am 21. Juli 2018 um 19 Uhr eröffnet und kann jeden Sonntag von 14 bis 18 Uhr besucht werden oder nach telefonischer Vereinbarung unter 0163-6350853. Die Ausstellung endet am 16. September 2018.

 

“Wilde Mischung” am Dorfbrunnen

Models präsentieren im Café „Tal des Lebens” – 500 Euro für Förderverein „Lebensfreude“

Utting – Na, da war was los im Café „Tal des Lebens” steppte der Bär. Klamotten aus Streichers Tenne wurden für den guten Zweck versteigert. Elf Models aus vier Ländern präsentierten, was sonst dicht gedrängt auf Kleiderständern im Halbdunkel der Tenne hing. Hier erhielt es neuen Glanz und begeisterte Käufer, Der Charme dieses Abends lag im Unvollkommenen, im Improvisieren, im kontrollierten Chaos. Und im Humor des Publikums, das kleine Zwischenfälle mit Lachen, Klatschen und Kommentaren begleitete. Dabei stand hinter dem vermeintlichen Chaos eine straffe Regie und akribische Vorbereitung.

Almut Winkler, Hanna Kilzer und Cornelia Maslin – die drei leben in einer Wohngemeinschaft zusammen – hatten als Stammkundinnen in der Gebrauchtwaren-Tenne die Idee zu dieser Schau. Und Geschäftsführerin Gabriella Streicher machte gern mit. Denn viele ihrer Schätze gehen in der Flut der schieren Menge einfach unter. So staffierte man den Vorführraum hinter dem Café für diesen Abend mit so ziemlich allem aus, was an edlem Trödel in der Tenne angeboten wird: Sofas, Stühle, Sessel, kleine Tischchen, Teppiche, Steppdecken. Sammeltässchen, Vasen, Gläser und Kunstblumen-Arrangements. „Wilde Mischung “ als Titel für diese irre Veranstaltung erwies sich als angemessen. Fast alles, was rumstand konnte gekauft werden. Vorher aber brauchte man jede Sitzgelegenheit. Denn der Andrang war gewaltig, gut, dass da dicke Teppiche lagen. So konnte man sich bequem am Boden drapieren.

Die „Models” hatten sich die Drei im Freundeskreis gesucht. Und der ist bunt. So stammten zwei junge Männer aus Uganda und Afghanistan, eine Engländerin war dabei und natürlich die einheimischen vom Ammersee.

Zur fetzigen Musik vom DJ spazierten die Models herein. Tanzend, gestikulierend, ihre Kleider gekonnt präsentierend mit Drehungen und Sitesteps. Und immer stimmten die Accessoires zum Outfit: Wild geschlungene Tücher um den Kopf, freche Hütchen, dramatisch umgelegte Capes. Handtaschen und nostalgische Koffer ergänzten das Erscheinungsbild mal urkomisch, mal richtig schick. Natürlich passende Handschuhe und originelle Schuhmodelle. So manche High Heels wurden wohl hier zum zweiten Mal getragen (zum ersten und letzten Mal von der ehemaligen Besitzerin). 

Ansteckende Begeisterung

Und weil man das ja alles ersteigern sollte, heizte Auktionator Miene Gruber die Stimmung an. Mit Übertreibungen heilt er sich nicht zurück und pries so manchen Synthetik-Fummel als echten Chinchilla an. Aber wenn er einen berühmten Markennamen nennen konnte, rastete er vor Begeisterung fast aus. Das steckte an. Man steigerte, bot mit und bekam schließlich oft ein Schnäppchen etwa eine Lammfelljacke, einen Designer-Gehrock oder eine wunderschöne Seidenbluse. Die Preise waren niedrig angesetzt, beginnend bei einem Euro, bei wertvollen Stücken waren höchstens zwanzig Euro Mindestgebot.

Reinerlös für guten Zweck

So mancher bekam im Gebotsrausch auch, was er eigentlich gar nicht wollte. Egal, man steigerte ja für den guten Zweck. Denn der Reinerlös des Abends geht an den Förderverein „Lebensfreude e.V. “, den Ludwig Streicher gegründet hatte und den seine Frau Gabriella heute führt. „Fünfhundert Euro haben wir eingenommen”, berichtete Gabriella am späten Abend, „Vielleicht wiederholen wir die Aktion irgendwann. Es hat uns allen jedenfalls wahnsinnigen Spaß gemacht.” .

Ammersee Kurier, 13. Dezember 2017, Jutta Bäzner

Die alten Kleidungsstücke aus Streichers Tenne wurden so originell präsentiert, dass fragwürdige Fummel ersteigert wurden. Hier: Hanna Kilzer mit Daniel Mauermann (man beachte die heißen Schuhe des Herrn!). Julia Buchberger (r.) glänzte im hautengen Silberkleid ein einfallsreicher Gesichtsschmuck.

Fotos: Harry Sternberg